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Vom Geist der Weihnacht
Frankfurt, Musical-Palast
30. November 2007
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Wenn in Frankfurt schon einmal ein Musical
gespielt wird, dann versuchen wir natürlich, das auch anzusehen. Über „Vom
Geist der Weihnacht“ hatten wir schon viel gelesen, aber bisher nicht die
Möglichkeit gehabt, das Stück auch zu sehen. Deshalb machten wir uns also am
diesem regnerischen Freitag Abend auf den Weg in die Metropole am Main. Gar
nicht so einfach sich durch den dichten Feierabend- und Einkaufsverkehr den
Weg zu bahnen, aber noch viel schwieriger war es, ein nicht ausgeschildertes
Musical in einem Zelt auf dem Messegelände zu finden! Ohne
Navigationsgerät?...... eher nicht! Angekündigt wird
das Musical ja mit großen Versprechungen: „Bevor Sie das Hauptzelt mit 1.400
Sitzplätzen erreichen, möchten wir Sie in unserem Vorzelt zu unserem
Weihnachtsmarkt willkommen heißen.“ Wir sind deshalb rechtzeitig losgefahren,
um noch gemütlich ein bisschen zu bummeln. Als wir eine Stunde vor
Vorstellungsbeginn angekommen sind, waren fast noch keine Besucher da – wir
dachten schon, es würde gar nichts stattfinden. Ein einsames Auto stand auf
dem großen Parkplatz. Ich weiß ja nicht, was das Wort „Weihnachtsmarkt“
anderswo bedeutet, aber für mich bedeutet es nicht, dass da fünf „Fressbuden“
stehen – und sonst nichts. Der erste Eindruck war deshalb schon sehr
enttäuschend!! Kurz vor Beginn
der Vorstellung wurde der Eingang zum zweiten Zelt geöffnet. Dieser Weg war für
Menschen mit Gehbehinderung oder Sehbeschränkung fast nicht alleine zu
schaffen. Nein, ich will nicht nur meckern, aber es gab einfach viele Dinge,
die nicht mit dem ziemlich saftigen Eintrittspreis von 79,00 Euro p.P.
zusammenpassten. |
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Das Musical „Vom
Geist der Weihnacht“ basiert auf der Erzählung „A Christmas Carol“ von
Charles Dickens. Die Musik stammt von Dirk Michael Steffan, das Libretto von
Michael Tasche, die Songtexte von Michael Tasche und Dirk Michael Steffan. Die Besetzung an
diesem Abend:
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Das Stück beginnt
mit einem fröhlichen Treiben auf dem Marktplatz. Alle singen „Am Heiligen Abend“.
Zwischen diesen ausgelassenen Menschen fällt ein Geist nicht auf – der Geist
von Jacob Marley (Peter Trautwein), der erst dann von seinen Ketten erlöst
sein wird und kein Geist mehr sein muss, wenn er etwas Gutes tut und einen
anderen Menschen rettet. Marley hat sich vorgenommen, seinen ehemaligen
Geschäftspartner Ebenezer Scrooge
(James Sbano) zu erlösen. „Ich bin ein
Geist“ singt Marley und kommt dabei dem Publikum ganz nahe, er gibt
einigen die Hand und ist erstaunt, dass sie ihn sehen können, obwohl er doch
ein Geist ist. Die Menschen auf der Bühne scheinen ihn jedenfalls nicht zu
sehen, denn als er im Büro von Scrooge auftaucht, bemerkt ihn weder Scrooge
noch sein Mitarbeiter Cratchit (Oliver Utrecht). Scrooge ist überzeugt, dass
„Weihnachten Rattendreck ist“ und verkündet das auch bei jeder
Gelegenheit. Dass er seinen Mitarbeiter Cratchit sehr schlecht behandelt,
zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der um ein paar Kohlen bitten muss, weil
es im Zimmer zu kalt ist. Marley (unsichtbar) greift ein und zeigt Scrooge,
wie kalt es wirklich ist – und tatsächlich, darf Cratchit drei Kohlen
nachlegen. Den gehbehinderten Sohn von Cratchit, Timmy, der sehr freundlich
zu Scrooge ist, bezeichnet er ebenfalls als Rattendreck. Die Kulisse ist sehr
sparsam gehalten und wird sehr vielseitig verwendet – es werden immer nur
Teile der Bühnendekoration ausgetauscht, um eine andere Szene darzustellen.
Das war völlig ausreichend für diese Inszenierung und lenkte den Blick auf
das Wesentliche. Störend empfand ich
aber, dass in einigen Szenen die Frankfurter Feuerwehr zu Rettungseinsätzen
gerufen wurde und das im Zelt mehr als deutlich zu hören war. Da hab ich mir
dann doch ein geschlossenes Theater gewünscht. „Jeder hat das
Recht auf Glück“ singen die Spendensammler und wollen auch von Scrooge
eine Spende erbitten. Der ist aber hart und gibt nichts, allerdings gibt
Cratchit, der ja selbst fast nichts hat, eine kleine Spende – Marley stibitzt
dann aber die Geldbörse von Scrooge und spendet (unsichtbar) ebenfalls J. Scrooge wird sauer, als auch noch ein Kind ein
Weihnachtslied singt und wirft alle aus seinem Büro – da darf sogar Cratchit
etwas früher gehen. Timmy, der Sohn von Cratchit (Janko Danailow), lädt
Scrooge zu sich nach Hause ein, aber der wirft nun endgültig alle mit einem
lauten “RAAAAUUUS” aus dem Büro. Marley beschließt, ihm eine Lektion zu
erteilen. „Weihnacht,
Weihnacht“ singt der kleine Timmy und freut sich auf ein Weihnachtsfest,
bei dem nur die Liebe zählt und es nicht auf große Geschenke ankommt. Janko Danailow singt dieses Lied mit schöner, klarer Stimme. Er spielt auch die Rolle des gehbehinderten Timmy sehr gut. Scrooge in seinem
Schlafzimmer. Er sitzt auf seinem Schuldenbuch und freut sich darauf, als
Geldverleiher einigen den Hahn endgültig abzudrehen. Da tauchen Marley und
die anderen Geister auf. Sie singen „In Ketten geschmiedet“ und
wirbeln dabei auf dem Bett des schlafenden Scrooge herum. Uns erinnert diese
Szene doch sehr an den Tanz der Vampire J. Scrooge ist entsetzt als er aufwacht. Um Mitternacht
werden Marley und die anderen sichtbar und deshalb kann Scrooge sie nun
sehen. Er erkennt dann auch seinen alten Freund Jacob Marley wieder. Er
fragt, wie er Marley von seinen Ketten befreien kann – um der alten
Freundschaft Willen. Ein guter Mensch zu werden, um zu helfen, möchte er dann
aber doch nicht. Da taucht der Engel der Weihnacht (Ina
Nadine Wagler) auf. Der Engel lädt die Beiden zu einer Reise in die
„Vergangene Weihnacht“ ein. Mit einem seltsamen „Fliwatüt“ oder wie man
diesen Leicht-Hubschrauber bezeichnen könnte, fliegen sie nun in die
Vergangenheit. „Folge mir“ singt der Engel und es taucht eine alte
Schule auf. Scrooge erkennt sich als Kind wieder und er erinnert sich, wie
einsam er damals war. Seine kleine Schwester Fan hat ihn zwar immer an
Weihnachten im Internat besucht, aber danach war er noch viel einsamer. Die Zeitreise geht weiter. Scrooge ist noch
ein junger Mann (Lutz Standop) und macht eine Lehre bei einem gutmütigen,
dicken Mann (Daniel Coninx) und seiner Frau (Nicole Sieger), dem Ehepaar
Fezziwig. Auch Marley (Andreas Berg) ist bei Fezzwig in der Lehre.
Weihnachten wird in dieser Familie mit großem Aufwand gefeiert. Eine lustige Szene: Marley und Scrooge streiten darüber, was es an
Weihnachten zu essen geben wird. Marley meint eine Ente, Scrooge glaubt eine
Gans. Ein Wort gibt das andere. Marley: Eine Ente – Scrooge: Eine
Gans – eine Ente – eine Gans - eine Ente – eine Gans - eine
Ente – eine Gans - eine Ente – eine Gans – eine Gans – eine
Ente – sag ich doch! Mrs. Fezziwig hat das Weihnachtsessen
vorbereitet. Im Sprechgesang mit rhythmischen Klatschen zählt sie nun die
klitzekleinen Kleinigkeiten auf, die sie vorbereitet hat. Klasse gemacht!!! Die Tochter der Fezziwigs ist die hübsche
Belle (Ina Nadine Wagler), die sich mit Ebenezer Scrooge angefreundet hat und
ihn gern auch bald heiraten möchte. Scrooge ist die Karriere aber wichtiger.
Aus dem „Fliwatüt“ kann der alte Scrooge sehen, wie verliebt er als junger
Mann war. Zusammen mit Belle singt er „Ein Leben lang“. Er erkennt
nun, dass er in seinem Leben viele Fehler gemacht hat. Ein sehr schönes Lied, das besonders durch die
guten Stimmen besonders zur Geltung kam. Die böse Fassade von Scrooge beginnt zu
bröckeln. „Was hab ich getan“ singt er einsam in seinem Zimmer. Die Stimme von James Sbano passte sehr gut zu
der Rolle des griesgrämigen Scrooge und auch zu dem sich langsam wandelnden
Scrooge. Leider war er nicht immer gut verständlich – besonders wenn er
gesprochen hat. Es gab auch einige Handbewegungen, die noch deutlich an die
Vampir-Zeiten erinnert haben, aber das haben außer uns sicher nicht viele
wiedererkannt J. - Pause – |
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In der Pause können wir beobachten,
wie der Engel in das „Fliwatüt“ steigt und an das Dach des Zeltes gefahren
wird. Dort ist sie nun unsichtbar für die Zuschauer – sitzt aber fast eine
halbe Stunde alleine dort oben fest J. Marley und die Geister setzen Scrooge weiter
zu. „Oops, das tut uns leid“ singen die Geister und malen sich lebhaft
aus, wie Scrooge später einmal als Geist leiden wird. Schön gemachtes Lied
! Marley belehrt sie, dass Scrooge immer noch
sein Freund ist. Scrooge erkennt, dass er eigentlich gar nicht böse sein
möchte, aber gar nicht mehr anders kann. Der Engel ist wieder da und singt „Das
Lied des Engels“ – ein sehr schönes Lied, das sich eingeprägt hat. Scrooge ist immer noch zu verbohrt, um zu
erkennen, das er jetzt etwas ändern muss. Die Geister bedrängen ihn und
singen „Scrooge, wach endlich auf“. Aber auch das macht keinen
Eindruck auf Scrooge. Der Engel kommt wieder und nimmt ihn mit in
die Gegenwart – „Folge mir“.
Nun sieht Scrooge, wie sein Angestellter Cratchit mit seiner Familie
ein ärmliches Weihnachtsfest feiert, sie aber trotzdem glücklich und
zufrieden sind, weil sie zusammen sein können. Besonders berührt wird Scrooge
durch Timmy, der trotz seiner schweren Krankheit, das Leben nur positiv sieht
und immer an alle denkt – sogar an ihn. Scrooge ist beschämt und hört, wie
Familie Cratchit das Lied „Hoch am Himmel“ gemeinsam singt. Scrooge ist geläutert und möchte, dass sein
alter Freund Marley bei ihm bleibt. Es ist aber auch zu schön, wenn
Marley seinen Freund „Ebbie“ nennt !! „Diese Nacht soll niemals enden“ singt
der traurige Scrooge, der seinen Freund nicht verlieren möchte. Ein trauriges Lied, das zwei Freunde
da gemeinsam singen – sehr schön! Die Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit von
Srooge ist ein Teil des Plans des Engels, der nun wieder auftaucht und ihn
mit in die Zukunft nehmen will – „Folge mir“. Der Engel zeigt Scrooge, welches Glück er
hätte verbreiten können, wenn er die Bittsteller an seiner Tür nicht
abgewiesen hätte, sondern ihnen in ihrer Not geholfen hätte – „Wie ein
Wunder“. Auch ein sehr schönes Lied, bei dem
man unwillkürlichen mitsummt J. Scrooge hat plötzlich den Wunsch, seine
Jugendliebe Belle wiederzusehen. Der Engel führt ihn zum Friedhof! Scrooge
bricht zusammen, als er erkennt, dass Belle gestorben ist und er sie nun doch
nicht mehr um Verzeihung bitten kann. „Ein Leben lang“ singt nun noch
einmal der alte Scrooge zusammen mit dem Engel und Marley. Scrooge wacht in seinem Bett auf und
überlegt, ob er das alles nur geträumt hat. In seiner Verzweiflung ruft er
nach Belle – und ein kleiner Junge taucht auf, der das Lied „Hoch am
Himmel“ singt. Scrooge erkennt das Zeichen von seinem Engel Belle. Er
weiß nun, dass er nicht mehr einsam ist und dass er eine Chance hat, sein
Leben doch noch zu ändern – „Ein neues Leben“. Die Cratchit feiern Weihnachten als Scrooge
auftaucht. Die anfängliche Furcht ändert sich bald in Freude, als sie die
Wandlung von Mr. Scrooge erkennen. Der empfindet ungeahnte Freunde daran, den
anderen eine Freude zu machen und feiert zum ersten Mal in seinem Leben von
ganzen Herzen Weihnachten – „Weihnacht, Weihnacht“. Er ist nicht mehr
allein. Marley ist von seinen Ketten befreit und der Geist der Weihnacht wird
ihn von nun an begleiten. -
Ende – |
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Die Geschichte von Charles Dickens ist leicht
angewandelt, aber immer noch vom Sinn her zu erkennen. Das Stück rührt an,
stimmt weihnachtlich, aber wir haben es trotzdem nicht als kitschig
empfunden. Eine schöne Einstimmung für die Weihnachtszeit. Besonders gefallen hat uns die durchweg gute
Besetzung und dass die Zuschauer mit in das Stück einbezogen werden. Wir
schauen nicht nur zu, sondern wir sind dabei, dürfen den Geist anfassen und
den großen Truthahn aus nächster Nähe begutachten. Obwohl die Musik komplett vom Band kam, hat
das bei diesem Stück nicht gestört. Die Tontechnik hat auf Beifall Rücksicht
genommen und auch mal eine kleine Pause eingelegt. Ein besonderes Lob noch an die
Hauptdarsteller: Peter Trautwein war ein überzeugender Geist, der manchmal so niedlich gucken
konnte und seinen alten Freund „Ebbie“ auch damit auf den richtigen Weg
geholfen hat. Ina Nadine Wagler hat die Doppelrolle Belle/Engel sehr überzeugend dargestellt.
Ihre klare Stimme hat uns überzeugt. Dass auch sie immer den Kontakt zum
Publikum gesucht hat, hat uns zu ihren „Komplizen“ bei der Wandlung von
Scrooge gemacht. James Sbano passte sehr gut zu der Rolle des Ebenezer Scrooge – niemals
kitschig und trotzdem eine Wandlung von böse zu gut. Auch er suchte immer
Blickkontakt zum Publikum und verteilte dann ja auch seinen Schatz an alle J. Wir können das Stück, die Darsteller und die
Aufführung uneingeschränkt weiterempfehlen. Nicht empfehlenswert und sehr enttäuschend
war für uns das Preis-Leistungsverhältnis. Musik vom Band (also kein
Orchester anwesend), schlechte Stühle, die zu Rückenschmerzen führten, ein
Weihnachtsmarkt, der sooo groß angepriesen wurde, aber nur Glühwein und Essen
bot – das passte einfach nicht zu dem Preis von 79,00 Euro pro Ticket. Vielleicht ist das auch der Grund, dass das
Zelt nur schwach besetzt war???? Die Darsteller hätten jedenfalls ein
ausverkauftes Haus verdient gehabt! |
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Gudrun Kauck,
Dezember 2007
© Copyright Fotos „Life On Stage GmbH” |
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