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Unsere Musicalbesuche

 

La Belle Bizarre Du Moulin Rouge

Rödermark, Kulturhalle

Samstag, 07. Februar 2009 – 20.00 Uhr

 

B E R I C H T - Meine persönlichen, ganz subjektiven Eindrücke

 

Besetzung:

 

Fatime

Anna Montanaro

Armand

Jesper Tydén

Toulouse-Lautrec

Markus Streubel

Le Directeur

Sissy Staudinger

« Kreativteam »

Stefanie Tydén, Katharina Felling,

Manuela Bäcker, Michael Wallfass

Vater

Jens Ochmann

Ensemble

Robert Meyer, Adam Jaskolka, Umut Sinan Zor, Jens Ochmann

Corinna de Pooter, Maren Reimann

Kreativteam:

 

Regie

Christian von Götz

Regieassistenz

Verena Friedrich

Choreografie

Lacy Darryl Philipps

Songs / Lyrics

Die jeweiligen Original-Künstler

sowie Ulrich Gerhartz / Saliha Raschen

 

Das Ambiente:

Die Kulturhalle in Rödermark ist eine recht neue, sehr praktisch gebaute Mehrzweckhalle. Die Bühne nicht sehr breit, aber durch einen stabilen Vorbau vertieft. Alles wirkt praktisch und übersichtlich – auch das Bühnenbild, das eigentlich nur aus diesem Tor besteht, das durch unterschiedliche Beleuchtung den jeweiligen Raum darstellt (siehe Fotos). Zudem gab es noch ein paar Requisiten: ein rotes Sofa, einen Schminktisch, Stühle, Plastik-Zimmerpflanzen – alles ebenfalls übersichtlich und praktisch.

 

Die Story:

Bis auf kleinere Änderungen eigentlich mit dem bekannten Film identisch.

Das Moulin Rouge in Paris im Jahr 1900. Paris und sein bekanntes Nachtlokal sind für gewisse Kreise der Nabel der Welt – Lebemänner, Künstler und Kurtisanen treffen sich hier. Star des Moulin Rouge ist die an Schwindsucht leidende Kurtisane „Fatime“ (die Namen wurden gegenüber dem Film geringfügig geändert).

Armand, der mit einer Gruppe von Adligen das Etablissement besucht, verliebt sich auf den ersten Blick in Fatime. Toulouse-Lautrec sieht im dem naiven Adligen einen Idealisten, der die reine Liebe in dieser Umgebung sucht.

Der Direktor des Moulin Rouge braucht eine neue Show, um die Besucherzahlen zu steigern. Sein „Kreativteam“ steht unter Druck, weil es ohne finanzielle Mittel keine neue Show auf die Bühne bringen kann. In dem Moment kommt der naive Armand natürlich gerade recht und bietet für die (Geld-)Geier eine leichte Beute. Man bringt ihn mit Fatime zusammen – nur passiert dann etwas, was nicht geplant war: Fatime verliebt sich in den jungen Armand.

Der Vater von Armand hat seinen Sohn im Moulin Rouge aufgetrieben. Er ist wütend, aber gegen die erste Liebe seines Sohnes hilflos. Also wendet er sich an Fatime. Sie erkennt, dass sie nur die Wahl hat zwischen ein paar Monaten Glück mit Armand – ihre Schwindsucht lässt sich nun schon nicht mehr verbergen – oder einer Zukunft für Armand. Sie „beweist“ ihm, dass sie wirklich eine Kurtisane ist und mit dem neuen Investor der Show die Nacht verbracht hat. Armand ist am Boden zerstört und betrinkt sich am Montmartre.

Die neue Show wird ein großer Erfolg. Fatime ist der strahlende Mittelpunkt, aber ausgerechnet bei der Premiere bricht sie auf der Bühne zusammen. Man ruft nach Armand.

Noch im Sterben gesteht sie ihm ihre wahre Liebe und stirbt in seinen Armen.

 

Bitte um Nachsicht J - Der Abschnitt „Das Musical“ ist noch nicht komplett, aber ich wollte Euch den Rest meines Berichtes nicht noch so lange vorenthalten, bis ich auch damit fertig bin. Deshalb hier schon mal der Anfang davon....

 

Das Musical:

Wie auch im Film wird die Geschichte mit umgearbeiteten Original-Songs erzählt. Armand (Jesper Tydén) taucht gleich zu Beginn im Publikum auf und erzählt seine Geschichte im Rückblick. Fatime (Anna Montanaro) und die Girls vom Moulin Rouge tanzen auf der Bühne zum „Medley Lady Marmelade“. Die Freunde Armands freuen sich bei „Life is so good to me“ über den schönen Abend – nur Armand schwebt auf Wolke sieben mit „Love at First Sight“. Das „Kreativteam“ sieht in ihm den idealen Mann, der für die neue Show zahlen könnte: „Ein idealer Mann“.

„Your Song“ schwärmen Fatime und Armand, als sie sich zum ersten Mal gegenüber stehen. Toulouse-Lautrec und das „Kreativteam“ freuen sich, dass der Plan aufzugehen schein – „Moulin Rouge, Moulin Rouge“. Der fiese „Le Directeur“ (Sissy Staudinger) kommt ins Spiel und ist nicht wirklich damit einverstanden, dass sich „seine“ Fantime mit diesem Adligen abgibt – „Armands Geschichte“. Fatime soll die „Queen of the Night“ für das Moulin Rouge bleiben.

Beim heimlichen Treffen von Fatime und Armand erklingt das „Elephant Medley“, während die Girls des Theaters ihren CanCan üben. Fatime und Armand schweben auf Wolken und singen „I’ll Fly Away“.  Armands Vater stört die Zweisamkeit und fordert seinen Sohn auf „Sei kein Narr“. Die Proben für die neue Show gehen weiter „CanCan Moulin Rouge“.

 

 

Die Aufführung an sich war eher einfach und schlicht gestaltet. Die Umbauphasen – wenn man von Umbau bei den wenigen Requisiten sprechen kann – wurden teilweise durch einen Akkordeonspieler überbrückt.

 

Die Kostüme? Naja, die waren einer Tourneeproduktion sicher angepasst, allerdings hätte ich mir z.B. die Girls doch eher mit „normalen“ Netzstrumpfhosen und nicht in diesen grellbunten Karnevalsausgaben gewünscht. Bei den Hauptdarstellern hätten die Kostüme ebenfalls zeitgenössischer sein müssen.

 

Der Ton machte bei der von uns besuchten Vorstellung keine nennenswerten Probleme – mal von ein paar Kratzern durch die Kostüme oder Perücken mal abgesehen.

 

Das Bühnenbild war für meinen Geschmack nicht plüschig genug. Paris 1900 bedeutet Plüsch, roten Samt und Rüschen, Trotteln, Quasten. „Moulin Rouge“ steht doch eigentlich schon mit seinem Namen dafür J.

 

Die Lichttechnik tat was sie konnte – mit roten, lila und grünen Lichteffekten.

 

Die geänderten Texte waren teilweise nicht so wirklich gelungen, auch weil sie teilweise nicht mehr zur Handlung passten.

 

Das Orchester konnte man in Rödermark nicht auf der Bühne oder im Orchestergraben sehen, deshalb kann ich auch nicht sagen, was und wie viel sie gespielt haben. Sicher kamen aber einige Soundtracks vom Band, weil diese sechs (?) Musiker nicht einen so vollen Klang erzeugen konnten.

 

Die Besetzung der Hauptdarsteller und der Nebendarsteller war gut. Die Girls wirkten leider manchmal so, als wären sie nur Statisten und würden nicht wirklich zur Handlung gehören.

 

Einzelkritik:

Anna Montanaro als Fatime war stimmlich sehr gut – manchmal vielleicht sogar etwas unterfordert. Sie spielte auch die an Schwindsucht erkrankte Kurtisane gut, allerdings passte dazu ihre kerngesunde Ausstrahlung nicht wirklich (mir ist aber eine gesund aussehende Darstellerin trotzdem lieber als ein Hungerhaken!!!). Bei der Sterbeszene hätte Anna die Atmung ein bisschen mehr kontrollieren müssen, denn ein sich deutlich auf- und ab bewegender Bauch deutet nicht auf „tot“ hin.

 

Jesper Tydén als Armand war stimmlich sehr gut und sehr überzeugend. Er spielte den naiven Grafensohn auch sehr gut und sein teils übertrieben treuer Hundeblick passte zur Rolle. Was mir bei Ensembleszenen allerdings negativ auffiel war seine geringe Bühnenpräsenz – er ging einfach in der Masse unter.

 

Markus Streubel als Toulouse-Lautrec hat seine Rolle gut gespielt. Der teils zynische Toulouse, mit seiner durch Krankheit merkwürdigen Körperhaltung kombiniert, wirkte realistisch. Besonders das Zusammenspiel mit „Le Directeur“ war immer wieder eine gelungene Einlage – wenn ich nur an die Übersetzung vor dem roten Vorhang denke!

 

Sissy Staudinger als „Le Directeur“ hatte eine ganz zwielichtige Rolle übernommen. Dazu kam noch, dass der vielen bekannte Film-Direktor ja ein „normaler“ Mann war. Ich fand die Lösung, den Direktor von einer Frau spielen zu lassen, sehr interessant. Ich ertappte mich dabei, wie ich überlegte, ob das nicht auch damals in Paris eine Frau gewesen sein könnte – und vor allem, wenn der Direktor eine Frau war, in welchem Verhältnis stand er dann zu seinem Mündel Fantine? Dass dieser „Le Directeur“ dann bei seinen Auftritten aber betont männlich gespielt wurde, warf eigentlich nur wieder neue Fragen auf. Und dass Sissy Staudinger ja nicht nur eine bemerkenswerte Stimme hat und sehr gefühlsbetont spielt, sondern auch eine beeindruckende Körperbeherrschung hat, rundete alles noch ab. Der Direktor war nicht zu durchschauen – „Evil Maharadscha“, eifersüchtiger Galan oder besorgter Ziehvater/mutter?

 

Jens Ochmann als Vater von Armand hat eine sehr angenehme Stimme – vielleicht einen Ticken zu jung für die Rolle. Aber bei dem Duett mit Anna Montanaro störte das überhaupt nicht und klang sehr überzeugend.

 

Das „Kreativteam“ – Stefanie Tydén, Katharina Felling, Manuela Bäcker und Michael Wallfass - und eigentlich gehört hier auch noch Toulouse-Lautrec dazu - waren das verbindende Glied zwischen den einzelnen Szenen. Die passten gut in ihre teils schrillen singenden und tanzenden Rollen.

 

 

Mein persönlicher Eindruck:

Ich hatte mit dem bekannten Film immer meine Probleme, weil ich mit der ungewöhnlichen Kameraführung nicht klar kam – die war mir einfach unruhig. Da dies im Musical ja kein Problem mehr ist, konnte ich mich mehr auf die eigentliche Handlung konzentrieren.

Wie „belle bizarre“ im Titel ja schon vermuten ließ, ging es um eine seltsame Schöne – damit konnte man sowohl Fantine als auch die Handlung des Stücks oder das Theater meinen. Alles war irgendwie verrückt, obskur, seltsam – Songs, Kostüme, Handlung, Figuren. Alles zusammen ergab eine interessante Mischung, die keine Langeweile aufkommen ließ.

Der ständige Wechsel zwischen Deutsch und Englisch in den Liedern wirkte nur anfangs ungewöhnlich. Später merkte man das gar nicht mehr, was sicher auch an den Darstellern lag, die diese Wechsel ganz selbstverständlich vollzogen.

Der Soundmix aus vielen sehr bekannten Pop-Titeln sehr bekannter Künstler wurde durch einige neu komponierte Soli ergänzt, die sich aber gut einpassten. Bei den (nicht immer gut) umgetexteten und zu Medleys zusammengeschnittenen Original-Songs habe ich allerdings immer das Problem, dass ich versuche den Original-Titel zu erinnern, was mich dann von der Bühnenhandlung ablenkt. Naja, das kann auch ein Altersproblem sein....? J.

Besonders in Erinnerung geblieben ist die Szene „Spectakular“, bei der die neu einstudierte Show des Moulin Rouge seine Premiere hat. Die Darsteller spielen hier Darsteller und bringen das durch besonders überzogene Gesten zum Ausdruck – gut gemacht!

 

Die Kulturhalle in Rödermark war fast komplett ausverkauft – es gab nur einzelne frei gebliebene Plätze. Die Stimmung war sehr gut und das Publikum war auch von der Bühnenshow so überzeugt, dass es sich spontan zu Standing Ovations erhob. Bei der Zugabe von „Spectakular“ wurde dann auch rhythmisch mitgeklatscht. Unter den Gästen befanden sich auch einige eher lokal bekannte Musicaldarsteller.

 

Alles in allem ein wirklich gelungener Abend – mit kleinen Verbesserungsvorschlägen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte absolut (PK1 € 38, gekauft direkt bei der Kulturhalle Rödermark) – auch bei den Getränken (Cola € 1,50). Es war für mich eine Tourneeproduktion mit sehr guten Darstellern und sparsamen Bühnenbild, aber absolut sehenswert.

 

Kann ich das Stück empfehlen?

Ja, kann ich, aber man sollte bei einer Tourneeproduktion mit kleinen Einschränkungen rechnen. Wer ein Fan des Moulin Rouge-Films war, sollte den für die Dauer der Vorstellung vergessen (eine 1:1-Umsetzung kann es nicht geben) und die etwas andere Version auf der Bühne zulassen und sich einfach mal auf die „belle bizarre“ einlassen.

 

 

Gudrun Kauck Febr. 2009

 

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>>Zur  Website von Sissy:  http://www.sissy-staudinger.com